Einführung: Was Dinge erzählen können

 

Objekte als Wissensspeicher

 

Museumswissenschaftler gelten in den Augen anderer bisweilen als skurrile Wesen. Sie richten Fragen an leblose Dinge und bekommen Antworten. Sind Sie zum Beispiel je auf die Idee gekommen, der Tasse, aus der Sie morgens Ihren Tee oder Kaffee trinken, Fragen zu stellen? Es klingt verrückt, aber versuchen Sie es einmal, Sie werden überrascht sein.

 

Da sind zunächst die einfachen Fragen nach dem Äußeren: Material, Maße, Form, Verzierung. Ist das Objekt vollständig oder fehlt etwas, gibt es Reparaturstellen? Anschließend der Themenkomplex der Herstellung, des Transports und des Erwerbs: Wie wurde die Tasse wann, wo, von wem und unter welchen Bedingungen hergestellt? Was unterscheidet den Produktionsvorgang für ein schwedisches Modehaus von der eines japanischen Töpfers oder einer Porzellanmanufaktur des 19. Jahrhunderts? Welche Bedeutung hatte die Tasse zum Zeitpunkt ihrer Herstellung? War sie beispielsweise preiswerte Massenware oder ein Luxusgegenstand? Wie waren die weiteren Zeitumstände? War die Tasse zeit- und ortstypisch oder etwas Besonderes? Gibt es eine Verzierung, was bedeutet(e) sie? Hat die Form der Tasse möglicherweise Auswirkung auf die Qualität des konsumierten Getränkes? Ist die Tasse „signiert“ und wenn ja, von wem? Was lässt sich über den/die Hersteller noch sagen?  Welchen Weg legte die Tasse bis zu Ihnen zurück? Wo haben Sie sie erworben? Was ist der Erwerbskontext: Kauf (ggf. Andenken), Erbstück, Geschenk, Diebstahl, Anzahl und Namen der Vorbesitzer, wie haben diese die Tasse erworben? Wer waren die Vorbesitzer*innen und welche Bedeutung hat das für Sie? Kannten Sie den Vorbesitzer*in? Wie nutzte sie/er die Tasse? Bewahrte bspw. Ihre Großmutter darin ihren „Parkgroschen“ auf? Damit sind wir mitten im Komplex der Benutzung: Wie, wann, wo, von wem und wofür wird/wurde die Tasse benutzt (in der Arbeit, zu Sonn- und Feiertagen, Abmessen von Mehl; sozialer Hintergrund); dürfen nur Frauen / Männer aus der Tasse trinken? Was wird/wurde daraus getrunken (wo, wie, von wem wird dieses produziert und wo erworben?). Was passiert, wenn die Tasse zerbricht? Wo gelangt sie hin (geklebt und weiterbenutzt, Umnutzung als Pflanzgefäß, Müllkippe)? Darüber hinaus gibt es noch andere Kontexte: Wurde diese oder eine andere Tasse jemals in der Kunst abgebildet? In welchen Werken? Was symbolisier(t)en sie? Wann entstanden Tassen überhaupt? Was ist ihre Entwicklungsgeschichte, Ihre Formenvielfalt, gibt es regionale Unterschiede etc.? Wenn Ihre Tasse der Eiffelturm ziert und Sie sie in Paris erworben haben, ist Ihre Tasse dann ein Symbol für Frankreich, quasi ein Botschafter?   Usw. usw.

 

Sie sehen, die Liste der Fragen an die Tasse ist lang, ständig erweiterbar und weist viele verschiedene Ebenen auf. 

 

Ähnliche Fragen kann man auch ethnographischen Objekten stellen. In den untenstehenden Rubriken der Spalte "Unsere Lieblingsstücke" finden Sie spannende Fragen und Antworten zu ausgewählten Objekten (Objekt des Monats) oder zu den kulturellen Beziehungen Schleswig-Holsteins zu unterschiedlichen Herkunftsregionen von Objekten.

 

 

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